OSTO System Model: Difference between revisions

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Das '''OSTO Systemmodell''' basiert auf der OSTO Systemtheorie, die komplexe [[System]]e und [[Organisation]]en als lebende Systeme versteht und diese in Form des OSTO Systemmodells als orientierende Landkarte abbildet. Es handelt sich um ein [[kybernetisch]]es [[Modell]], das aus Elementen der Theorie von [[Regelkreis]]en abgeleitet ist. Die grundlegenden Ansätze hierzu wurden von [[David P. Hanna]] in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts entwickelt und 1988 erstmalig veröffentlicht<ref>Hanna, David P. (1988): ''Designing Organizations for High Performance.'' Reading, Mass: Addison-Wesley Publishing Company.</ref>. Das Modell nimmt an, dass sich im Innenleben einer komplexen [[Organisation]] mehrere zentrale Transformationsprozesse abspielen, die durch Wechselwirkungsprozesse zwischen Innenleben und Außenleben (Umwelt) bestimmt werden. Im Sinne eines [[Regelkreis]]es zeigt das OSTO Systemmodell die wesentlichen Elemente eines solchen lebenden Systems in ihren Vernetzungen, Abhängigkeiten und Wechselwirkungen zueinander. Maßgeblich dabei ist das Denken in [[Netzwerkstruktur]]en.
 
Das [[Akronym]] „OSTO“ steht dabei für '''o'''ffene, '''s'''ozio'''t'''echnische und '''o'''ekonomische Aspekte eines [[System]]s. In Bezug auf Organisationen und wirtschaftlich arbeitende [[Unternehmen]] berücksichtigt das Modell sowohl die Offenheit des Systems gegenüber einer Umwelt als auch die Tatsache, dass es sich dabei um „vieldimensionale, sozio-techno-ökonomische Gebilde“ handelt. Unter Berücksichtigung dieser vier Aspekte bildet das Modell, die [[Komplexität]] eines Systems in seinen Dimensionen ab.
 
Das [[Akronym]] „OSTO“ steht dabei für '''o'''ffene, '''s'''ozio'''t'''echnische und '''o'''ekonomische Aspekte eines [[System]]s. In Bezug auf Organisationen und wirtschaftlich arbeitende [[Unternehmen]] berücksichtigt das Modell sowohl die Offenheit des Systems gegenüber einer Umwelt als auch die Tatsache, dass es sich dabei um „vieldimensionale, sozio-techno-ökonomische Gebilde“ handelt. Unter Berücksichtigung dieser vier Aspekte bildet das Modell, die [[Komplexität]] eines Systems in seinen Dimensionen ab.
 
== Anwendungsgebiete ==
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Der Blick durch die so genannte „OSTO-Brille“ soll dabei helfen, den Umgang mit einer stetig wachsenden [[Dynamik]] und [[Komplexität]] von Systemen zu ermöglichen, um durch die Schaffung von Distanz neue Handlungsstrategien ableiten zu können.
 
Anwendung findet die Methode daher im Rahmen der [[Organisationsentwicklung]] im [[Veränderungsmanagement]] (engl.: ''[[Change Management]]''). Unternehmen nutzen sie im Bereich der [[Diagnose]], des [[Design]]s und Redesigns von Organisationen sowie auch im [[Projektmanagement]].
 
Damit einhergehend existieren Konzepte zur [[Personalentwicklung]] im Rahmen der [[systemisch]]en [[Qualifikation]] von Führungskräften („SYMA“). Gelehrt wird der Ansatz bisher an der [[Universität Klagenfurt]] und an der [[RWTH Aachen]], dort insbesondere am [[Institut für Unternehmenskybernetik]] (IfU), am Lehrstuhl Informationsmanagement im Maschinenbau und am Zentrum für Lern- und Wissensmanagement. In der Ausbildung von jährlich 1000 Studierenden des Maschinenbaus der [[RWTH Aachen]] wird die OSTO Systemtheorie im ersten Semester in Rahmen einer Pflichtveranstaltung vermittelt.
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Das ökonomische Teilsystem beschreibt alle Aspekte, die direkt die [[Wirtschaftlichkeit]] der Organisation betreffen, wie [[Umsatz]]entwicklung, [[Produktivität]]sentwicklung, [[Controlling]]verfahren, [[Entlohnung]]ssysteme, [[Investition]]s- und [[Budget]]planung, [[Steuer]]fragen, [[Durchlaufzeit]]en, [[Kosten]]struktur etc.
 
 
== Entstehung und Entwicklung ==
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Das Modell wurde später von (†) Prof. Dr. [[Heijo Rieckmann]] ([[Universität Klagenfurt]]) und Prof. Dr.-Ing. [[Klaus Henning]] ([[RWTH Aachen]]) für die [[Wissenschaft]] sowie von [[Dipl.-Päd. Renate Henning]] für die [[systemische Organisationsberatung]] weiterentwickelt und systematisiert. Auch eine Vielzahl von [[Dissertation]]en in Klagenfurt und Aachen befassen sich mit Ergänzungen und Anwendungen des OSTO Systemmodells.
 
 
== Beschreibung des Modells und seiner Varianten ==
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==== Existenzgrund ====
 
Der Existenzgrund (engl.: ''reason for existing'', purpose; franz.: ''raison d’être'') eines Systems – auch als Zweck zu verstehen – stellt die vertragsmäßige wechselseitige Beziehung zwischen dem System und seinen Umwelten dar. Er beschreibt, welches Bedürfnis der Umwelten durch die Kernprozesse der Organisation befriedigt werden soll. Der Existenzgrund ist niemals einseitig definierbar, wodurch er sich von einem einseitigen, „persönlichen“ Interesse unterscheidet. Auch ist er nicht als statisch zu betrachten, sondern er unterliegt zahlreichen Einflüssen von innerhalb und außerhalb des Systems, so dass ein regelmäßiger Abgleich mit der Realität erfolgen muss. Zusammen mit dem Sinngrund und den Zielen stellt der Existenzgrund die übergeordnete „[[Unternehmensstrategie]]“ dar.
 
==== Sinngrund ====
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==== Urgrund ====
 
Der Urgrund spielt in [[Europa]] in der angewandten Praxis des Modells wenig Beachtung. Er geht tief in die „Basis- oder Metawerte, die Lebens- und Weltanschauungen, die Menschen- und Gottesbilder, die ihrerseits den Überzeugungs- und Glaubensrahmen abgeben, innerhalb dessen dann die Sinnfragen ihre konkretere Gestalt gewinnen“<ref>Rieckmann, Heijo (2000): ''Managen und Führen am Rande des 3. Jahrtausends. Praktisches, Theoretisches, Bedenkliches.'' 2., durchgesehene Auflage. Frankfurt am Main, Berlin: Peter Lang. S. 67.</ref>.
 
Sowohl Sinngrund als auch Urgrund haben Rieckmann und Henning in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre in das OSTO Systemmodell mit aufgenommen, da beide Aspekte unter dem Einfluss der Globalisierung und gesellschaftlicher Sinnkrisen eine zunehmende Bedeutung gewinnen.
 
 
=== Komponenten innerhalb des Systems ===
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==== Output ====
 
Für die Organisationsdiagnose ist es notwendig, ein angemessenes Abbild der Ausgangsergebnisse ([[Output]]s) zu erhalten. Dabei gilt es zu beachten, dass zum „Output“ eines Systems neben den numerisch erfassbaren Ergebnissen auch die nur qualitativ erfassbaren Aspekte (z.B. Arbeitszufriedenheit, Motivation etc.) gehören. Ebenso ist es wichtig, die tatsächlich oder scheinbar unbrauchbaren Ausgangsergebnisse zu erfassen und nicht nur die „offiziellen“ bzw. „gewünschten“.
 
==== Outcome ====
 
Der Begriff des „[[Outcome]]“ umfasst alle finanziellen Ereignisse einer Organisation: Einkünfte aus Produktverkäufen, aus [[Forschung]] u. a. mehr. Der Begriff ist extra etwas weit gefasst, damit die jeweilige Organisation, die mit dem Modell arbeitet, sich selbst darauf festlegt ob sie damit Preise, [[Umsatz]], [[Return on Investment]] (ROI) oder anderes meint.
 
 
=== Prozessvariante ===
 
[[Bild:OSTO Systemmodell Prozessvariante.jpg|right|500px|Das OSTO Systemmodell in der Prozessvariante]]
 
Das OSTO Systemmodell beschreibt, dass im Inneren einer Organisation die Informationen aus der Umwelt, aus dem Existenzgrund, und den Outputs/dem Outcome durch Transformationsprozesse in reale Ergebnisse umgewandelt werden. Das Modell bietet dafür zwei Erklärungsmöglichkeiten:
 
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==== Sozialer Kernprozess (SKP) ====
 
Im Sozialen Kernprozess arbeiten die Menschen einer Organisation zusammen auf die Untenehmensziele hin: Dort wird der Individuelle Kernprozess und der Aufgaben-Kernprozess so verbunden, dass sich in der Zusammenarbeit Synergieeffekte ergeben.
 
 
=== Strukturvariante ===
 
[[Bild:OSTO Systemmodell Strukturvariante mit Gestaltungskomponenten.jpg|right|500px|Das OSTO Systemmodell in der Strukturvariante mit Gestaltungskomponenten]]
 
Die Strukturvariante erklärt den systeminternen Umwandlungsprozess alternativ über Strategien, Gestaltungskomponenten und (System-)Verhalten. Der Transformationsprozess wird in diesem Fall durch die Gestaltungskomponenten des Unternehmens strukturiert. Sie stellen den Versuch dar, alle Abläufe und Strukturen einer Organisation zu clustern und zu strukturieren:
 
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==== (System-)Verhalten ====
 
In jedem System/jeder Organisation gibt es eine Vielzahl von sehr unterschiedlichen Verhaltensweisen (z.B. Führungsverhalten, Arbeitsverhalten etc.), die durch die Gestaltungskomponenten produziert werden. Dies bedeutet auch, dass das Systemverhalten nur über die Gestaltungskomponenten beeinflussbar ist. Das OSTO Systemmodell ist derzeit das einzige Modell dieser Art, das das Verhalten einer Organisation in den Blick nimmt.
 
==== Gestaltungskomponenten ====
 
===== Mensch (M) =====
 
Die Gestaltungskomponente [[Mensch]] umfasst die Mitglieder des Unternehmens bzw. Organisation und deren Rollen (Begabungen, Qualifikationen etc.), Erwartungen und Bedürfnisse materieller Art. In diese Bedingungen der Zusammenarbeit ist fernerhin das Geflecht der sozio-emotionalen Beziehungen und Interaktionsbedingungen („Klima“) eingeschlossen.
 
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Durch das [[Entwicklung]]s- und [[Erneuerung]]ssystem werden die Flexibilität sowie die Leistungs- und Anpassungsfähigkeiten einer Organisation erhalten und laufend weiterentwickelt. Es kann sich dabei um eine im Unternehmen verankerte Gruppe von Mitarbeitern, die mit der inneren und äußeren Weiterentwicklung des Unternehmens beauftragt ist. Allgemein betrachtet kann dies unter den Begriff des Innovationsmanagements subsumiert werden.
 
 
=== Neben-, Rück- und Fernwirkungen – „Feedbackschleifen“ ===
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[[Erkenntnis]]rückführungen geben Informationen über grundlegende "Wahrheiten" – über Menschen, menschliches Zusammenleben und transzendente Werte – und absolute ("wahre") Werte. Dabei wird auch darüber nachgedacht, welche Auswirkungen und Konsequenzen auf das System und die Mitglieder im System sich (z. B. durch religiöse Ausrichtungen) ergeben.
 
 
== Abgrenzung zu anderen Managementkonzepten ==
 
Das OSTO Systemmodell ist ebenso wie beispielsweise das [[St. Galler Management-Modell]] oder auch das [[Viable System Model]] in die [[wirtschaftswissenschaft]]liche bzw. soziologische [[Systemtheorie]] eingeordnet. Im Unterschied zu diesen stärker produktionsorientierten Modellen ist das OSTO Systemmodell prozessorientiert und unterstellt ein offenes System, das durch permanente Rückmeldungen gesteuert wird. Anders als andere Modelle betrachtet es Systeme hierarchieunabhängig und ist nicht [[kennzahl]]enbasiert.
Als einziges Modell seiner Art nimmt es auch das (System-)Verhalten einer Organisation in den Blick. Ebenso werden bewusste und unbewusste Ziele und Strategien sichtbar gemacht sowie gewollte und ungewollte Outputs aufgedeckt und berücksichtigt.
 
== Einzelnachweise ==
 
== Einzelnachweise ==
<references/>
 
 
== Literatur ==
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* Henning, Klaus/Isenhardt, Ingrid (1994): Kybernetische Organisationsentwicklung - Gestaltungsprinzipien für komplexe, soziotechnische Systeme. In: Schiemenz, B. (Hrsg.): Interaktion. Berlin.
 
* Henning, Klaus/Marks, Siegfried (1996): Kommunikations- und Organisationsentwicklung. Aachen: Verlag der Augustinusbuchhandlung.
 
* Isenhard, Ingrid (1994): Komplexitätsorientierte Gestaltungsprinzipien für Organisationen - dargestellt an Fallstudien zu Reorganisationsprozessen in einem Großkrankenhaus. Aachen: Verlag der Augustinus Buchhandlung. Aachener Reihe Mensch und Technik, Band 7.
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* Marks, Siegfried (1991): Gemeinsame Gestaltung von Technik und Organisation in soziotechnischen kybernetischen Systemen. Düsseldorf: VDI. VDI-Reihe: Technik und Wirtschaft, Nr. 60.
 
* Michulitz, Christiane (2005): Kommunikationsprozessanalyse – ein interdisziplinärer Beitrag zur Analyse der Kommunikation in Organisationen. Unternehmenskybernetik in der Praxis, Band 11: Shaker.
 
* Petzold, Stephan (2001): Einführung der Balanced Scorecard als Performance-Meß-System für systemische Organisationsentwicklungsprozesse. Unternehmenskybernetik in der Praxis, Band 4: Shaker.
 
* Rieckmann, Heijo (2000): Managen und Führen am Rande des 3. Jahrtausends. Praktisches, Theoretisches, Bedenkliches. 2., durchgesehene Auflage. Frankfurt am Main, Berlin: Peter Lang. ISBN 3-631-35865-2
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[[Kategorie:Sozialwissenschaft]]
[[Kategorie:Management]]
[[Kategorie:Planung und Organisation]]
[[Kategorie:Kybernetik]]