Shared space (spazio condiviso)

 
A shared space scheme in Giles Circus, Ipswich (England)

Shared Space („spazio di utilizzo comune“ o „spazio distribuito“ ) è la denominazione di una filosofia di pianificazione, secondo la quale lo spazio stradale pubblico dominato dal traffico deve essere riqualificato in termini di vivibilità, sicurezza e per gli stessi flussi di spostamento. Caratteristica è l'idea di rinunciare a cartelli stradali, semafori e segnaletica orizzontale. Al tempo stesso gli utenti della strada devono essere del tutto equiparati, restando valide le regole della precedenza. Diversamente dalle moderazione del traffico di altre tipologie l'applicazione dovrebbe essere possibile anche sulla viabilità primaria.

Il modello di pianificazione è stato introdotto dall'olandese Hans Monderman negli anni 90.[1] e trova oggi applicazione in tutto il mondo.

Parallelamente sviluppi in Svizzera hanno condotto all'introduzione delle zone d'incontro, che realizzano nella pratica lo shared space. Soluzioni legate ad esso sono anche le aree a traffico moderato (Verkehrsberuhigte Bereich) in Germania, che avevano preso avvio negli anni 80 limitatamente a zone residenziali.

Negli anni 2004-2008 lo shared space è stato testato in sette comuni di Belgio, Danimarca, Germinia, Gran Bretagna e Paesi Bassi.

La definizione di shared space risale all'urbanista britannico Ben Hamilton-Baillie.[2]

Theoretischer Ansatz des Shared Space

 
Überbeschilderung kann zu Reizüberflutung führen
 
Shared Space in Haren, Niederlande: Keine Verkehrszeichen, nivelliertes Straßenland und lediglich orientierende „Begrenzungen“ für die Verkehrsteilnehmer

Leitidee

Shared Space sieht vor, den öffentlichen Raum für den Menschen aufzuwerten. Der Grundgedanke ist, dass der Verkehrsraum überreguliert ist. Dies zeigt sich durch Überbeschilderung [3][4] und ist teilweise nicht verkehrsinduziert, sondern rechtlich bedingt.[5] Statt einer dominanten Stellung des motorisierten Verkehrs soll der gesamte Verkehr mit dem sozialen Leben und der Kultur und Geschichte des Raums im Gleichgewicht stehen. Durch Entfernen der Kanalwirkung der Straßen sollen die Orte wieder Persönlichkeit erlangen. Verkehrsteilnehmer und Nutzungen sollen im Straßenland gleichwertig nebeneinander existieren und sich den Raum teilen. Zusätzlich zur Lebensqualität soll so auch die Verkehrssicherheit verbessert werden.

Um diese Ziele zu erreichen, verzichtet Shared Space auf Bordsteine und Abgrenzungen[6] und setzt stattdessen auf eine orientierende Unterteilung des Straßenraums. Im Zuge einer „Entregelung“ der Verkehrslandschaft sind keinerlei Ampeln oder Verkehrs- und Hinweisschilder vorgesehen. Die Straßenverkehrsordnungen werden reduziert auf „gegenseitiges Rücksichtnehmen“ und das Rechts-vor-Links-Gebot. Mit diesen Maßnahmen wird eine gewollte Unsicherheit erzeugt, welche die Verkehrsteilnehmer dazu zwingt, den Raum situationsbedingt durch Blickkontakt mit anderen Verkehrsteilnehmern einzuschätzen. Gleichzeitig wird die Existenz eines durch motorisierten Verkehr dominierten Verkehrsnetzes als notwendig erachtet.[7]

Ziel und psychologische Folgen

Im Mittelpunkt der Bestrebungen des Shared Space steht die Neustrukturierung des öffentlichen Raums. Es wird davon ausgegangen, dass räumliche Suggestionen den Menschen mehr ansprechen als Verbote. Durch das Auflösen der klar definierten Unterteilung der Verkehrsfläche soll sich ein neues Raumgefühl einstellen, das verschiedene stadtplanerische Aspekte berücksichtigt.

So ergeben sich auch zwischenmenschlich neue Möglichkeiten. Der neu entstandene Raum bietet Platz für Cafés, lädt ein zum Flanieren und ist eine attraktive Kaufumgebung für den Einzelhandel. Die Straße wird zum Treffpunkt; das Leben verlagert sich zum Teil auf die Straße. Ebenso bestehen Chancen, den Raum kulturell neu zu gestalten. Die flächigen Verkehrsanlagen laden zu Festen ein; Straßenmusiker beenden ihr Nischendasein in Fußgängerzonen. Orte erhalten die Gelegenheit, sich der eigenen Geschichte wieder anzunähern und durch den Verkehr auferlegte Kompromisse rückgängig zu machen. Dadurch erfolgt eine Identitätsstiftung der Orte, die durch die Kanalwirkung und Dominanz der Straßen und die verkehrstechnische Anlagen wie Ampeln oder Schilder zunehmend anonymisiert sind. Im Zuge einer Neugestaltung kann durch Sichtachsen auf bedeutende Gebäude,[8] Verwendung passender Straßenpflasterung oder Abschwächung verkehrlicher Zerschneidungseffekte[9] das ursprüngliche Ortsbild wiederhergestellt werden. Shared Space zielt darauf ab, dass ortsfremde Verkehrsteilnehmer Teil des örtlichen sozialen und kulturellen Gefüges werden und zum Verweilen eingeladen werden. Es wird davon ausgegangen, dass sich jemand, der verweilt, sozialer verhält als jemand, der nur auf der Durchreise ist.

Unterschiede zwischen Verkehrsverhalten und sozialem Verhalten[10]
Verbleibsverhalten Soziales Verkehrsverhalten Technisches und rechtliches Verkehrsverhalten
Verhaltensmerkmale Pluriform und pluralistisch Pluralistisch Uniform
Art der Bewegung Willkürlich Hauptsächlich zielgerichtet Sehr zielgerichtet
Angemessenes Tempo < 30 km/h < 60 km/h > 50 km/h
Vorhersehbarkeit des Verhaltens Größtenteils unvorhersehbar Eingeschränkt vorhersehbar Überwiegend vorhersehbar
Blickkontakt Oft Eingeschränkt Kaum
Verhaltensfaktoren Menschen und Umgebung Menschen (und Umgebung) Regelsystem
Verhaltensprägender Kontext Soziale Umgebung (Menschen) und räumliche Umgebung Soziale Umgebung (Menschen) und räumliche Umgebung sowie Basisverkehrsregeln Verkehrstechnisches System, Gesetze (Fahrzeuge und Verkehrsumgebung, Straßenkategorie, Verkehrssignale)
Zu erwartendes Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer Verbleibsverhalten, soziales Verkehrsverhalten (beschränkt) Verbleibsverhalten, soziales Verkehrsverhalten, technisches und rechtliches Verkehrsverhalten Technisches und rechtliches Verkehrsverhalten
Für das Verhalten relevante Signale aus der Umgebung Landschaft von Stadt und Land, Gestaltung des öffentlichen Raums Landschaft von Stadt und Land, Gestaltung des öffentlichen Raums, Straßengestaltung Signale, Schnelligkeit, Straßenoberfläche, Schwellen, Verkehrsschilder und -zeichen, Ampeln
 
Treppenmodell nach Hans Monderman:[11] Die Bereitschaft schnell zu fahren steigt bereits in den ersten vier Reiseminuten stark an, während sie in der restlichen Reisedauer kontinuierlich – jedoch schwächer – ansteigt. Wird das Modell mit der Lage verschiedener Aufenthaltsorte kombiniert, können Kriterien für den Entwurf des öffentlichen Raums festgelegt werden.

Die Revitalisierung und Identitätsstiftung der Orte wirkt der Theorie entgegen, wonach motorisierte Verkehrsteilnehmer mit zunehmender Entfernung zum Wohnort eine steigende Gleichgültigkeit gegenüber den Bewohnern und deren Lebensräumen an der Strecke entwickeln und dadurch höhere Geschwindigkeiten fahren. Der Initiator des Shared Space, Hans Monderman, drückt diesen Zusammenhang in seinem Treppenmodell aus.

Gleichzeitig ergibt sich durch fehlende Verkehrsregelungen eine gewollte Unsicherheit, wodurch paradoxerweise ein Sicherheitsgefühl entsteht.[12] Einer der Grundsätze des Shared Space lautet: „Unsicherheit schafft Sicherheit“.[13] Durch die zum Teil unübersichtliche Verkehrsführung ist jeder Verkehrsteilnehmer gezwungen, stetig ein Urteil zu fällen, welche Handlungen die aktuelle Situation erfordern. Aus dem Instinkt des Menschen, bei einer unklaren Situation vorsichtig und sondierend zu handeln, ergibt sich für die motorisierten Verkehrsteilnehmer eine merklich langsamere Geschwindigkeit.

Diese Wirkung erzeugt laut der beteiligten Verkehrsplaner vielschichtige verkehrliche und städtebauliche Verbesserungen. Wie noch in den Anfangsjahren des Automobils ist die Geschwindigkeitsdifferenz zwischen den motorisierten und unmotorisierten Verkehrsteilnehmern deutlich geringer als heute, sodass das Unfallrisiko allgemein sinkt. Wenn dennoch ein Unfall geschieht, sind die Schäden meist gering. Mit geringerem Tempo verbessert sich zudem die Fähigkeit, auf andere Verkehrsteilnehmer zu reagieren. Reduzierte Geschwindigkeit bewirkt außerdem eine spürbare Lärmreduzierung. Zusätzlich verschwinden durch Auflockerung des Raumes und geringere Geschwindigkeiten Zerschneidungseffekte.

Kritische Stimmen hinterfragen an dieser Stelle die Leistungsfähigkeit des Shared Space. Versuchsanlagen zeigen jedoch, dass Verkehrsteilnehmer trotz der geringeren Geschwindigkeiten schneller vorankommen. Kontinuierliches Langsamfahren ist sinnvoller als schnelles „Stop & Go“, welches durch Ampeln, parkende Lieferfahrzeuge oder Stoppschilder verursacht wird. Kontinuierliche Fahrweise vermeidet zudem unnötigen Schadstoffausstoß, sodass insgesamt von einer Verbesserung der allgemeinen Lebensqualität auszugehen ist. Kritiker argumentieren allerdings, dass der Ansatz des Shared Space die Gerichte durch eine aufgeweichte Rechtslage übermäßig belaste.

Abgrenzung zu anderen Konzepten der Verkehrsberuhigung

Im Gegensatz zu Konzepten wie dem Verkehrsberuhigten Bereich oder der Begegnungszone ist Shared Space keine verkehrsrechtliche Anordnung. Vielmehr beschreibt Shared Space eine Planungsidee bzw. einen Planungsprozess, vergleichbar mit dem Berner Modell, und gibt Anregungen, wie lebenswerter Straßenraum gestaltet werden kann. Eine Abgrenzung erfolgt auch durch den Grad der Verregelung: Kaum geregelt (Shared Space) → sehr wenig geregelt (Verkehrsberuhigter Bereich, Begegnungszone) → wenig geregelt (Verkehrsberuhigter Geschäftsbereich) → geregelt (Tempo-30-Zone). Weiterhin lässt sich eine Unterscheidung treffen bezüglich der Nivellierung des Straßenraums, der verträglichen Stärke des Fahrzeugverkehrs sowie der zugelassenen Höchstgeschwindigkeit:

Tempozone Verkehrsberuhigter Bereich Begegnungszone Shared Space
Nivellierung Nein Möglich Möglich Ja
Fahrzeugverkehr Wenig Sehr wenig Wenig bis stark Wenig bis stark
Geschwindigkeit < 30 km/h Schrittgeschwindigkeit < 20 km/h Angepasst

Umsetzung und Anforderungen

Risikobewertung

 
Campagne „One false move and you’re dead“ (dt.: Eine falsche Bewegung und du bist tot) in den frühen 1990er Jahren in Großbritannien


Die Bewertung der Risikowahrnehmung in Bezug auf den Aufenthalt und die Bewegung im öffentlichen (Straßen-)Raum ist ein wichtiger Indikator für die Qualität des öffentlichen Raums.[14] Die „Cultural Theory of risk“ (deutsch: Kulturtheorie des Risikos) geht davon aus, dass der Mensch mit zunehmender Zivilisierung und gesellschaftlicher Reglementierung mit einer kulturell geprägten Wahrnehmung ausgestattet wurde.[15][16] Die Entwicklung der Massenmotorisierung seit den 1960er Jahren induzierte im gesellschaftlichen Bewusstsein eine Assoziation des motorisierten Verkehrs mit einer Gefahrensituation entsprechend dem erfahrenen Alltag,[17] sodass viele Menschen die neue Verkehrssituation des Shared Space im Vergleich zu herkömmlichen Verkehrskonzepten als gefährlich empfinden.

Entscheidend für diese Betrachtung ist weiterhin das Wesen des technokratisierten Verkehrsumfeldes. Weil der motorisierte Verkehrsfluss vom Individuum selbst nicht kontrolliert werden kann, wird das Unsicherheitsgefühl verstärkt.[17] Ein gutes Beispiel ist das Überqueren einer Straße bei Grün. Diese Situation empfinden die meisten Menschen als sicherer gegenüber einer Straßenüberquerung ohne Ampel. Die Szenerie bleibt kontrollierbar, indem alle Beteiligten nach vorgegeben Regeln handeln müssen. In einer entregelten Situation ist das Geschehen nur bedingt kontrollierbar, vielmehr muss anderen Verkehrsteilnehmern Vertrauen entgegengebracht werden. Dabei ist das intuitive Verhalten in beiden Situationen ähnlich. Obwohl durch grünes Licht die Legitimation zum Überqueren der Straße erteilt wird, werden sich die meisten Menschen dennoch per Blick nach links und rechts absichern. Ebenso verhalten sich Personen, die eine Straße ohne Übergang queren müssen, nur dass hierbei die Geschwindigkeiten geringer sind und die Kraftfahrer durch Wegfall ihrer Vorrangstellung vorsichtiger fahren.

Berücksichtigung der schwachen Verkehrsteilnehmer

Die Umsetzung eines Shared Space ist insbesondere für die „schwachen“ Verkehrsgruppen der Blinden, Rollstuhlfahrer, Gehörlosen, Kinder und älteren Menschen unter Umständen problematisch. Im integrierten Planungsprozess des Shared Space müssen deren Interessen von Beginn an berücksichtigt werden. Besonders in ihrer Sinneswahrnehmung eingeschränkte Menschen fühlen sich ohne regelnde Orientierungshilfen unsicher und werden womöglich vom öffentlichen Leben ausgeschlossen.

Dem Konsens einiger Bürgerversammlungen zum Thema nach zu urteilen, wird die Entwicklung des Shared Space etwa von Rollstuhlfahrern und Fußgängern überwiegend begrüßt. So heben insbesondere Rollstuhlfahrer die wegfallenden Bürgersteige hervor, die sie heute mit erheblichem Zeitaufwand umfahren müssen. Fußgängerverbände hingegen schätzen die Gleichstellung von Auto und Fußgängern, die einigen Verbänden jedoch nicht weit genug geht. Kritik an Shared Space kommt insbesondere von Verbänden der Blinden und Gehörlosen, die ihre Situation im Straßenverkehr im Zuge einer völligen Entregelung und den damit fehlenden Orientierungshilfen verschlechtert sehen. Gehörlose sind dabei weniger betroffen als Blinde, die bereits am absichernden Blickkontakt scheitern, dem Grundpfeiler des Shared Space. Ausbleibende Gegenmaßnahmen zur Gleichstellung behinderter Menschen sind etwa in Deutschland gemäß

bgg

Abs. 1,

bgg

Behindertengleichstellungsgesetz gesetzeswidrig.

Die Orientierung geistig eingeschränkter Personen erfolgt über taktil, akustisch oder optisch strukturierte, stetige Reize, die etwa von Bordsteinen, der akustischen Wand einer Straße, einem akustischen Hinweis bei Grünphase einer Lichtsignalanlage sowie kontrastierenden Flächen ausgehen. So kritisieren Vertreter der Blindenverbände überwiegend das Fehlen festgelegter Unterteilungen des Verkehrsraums, etwa zwischen Bürgersteig und Fahrbahn.[18] Neben der verkehrlichen Geräuschkulisse basiert ihre Orientierung beim rechtwinkligen Queren einer Straße auf der Ausrichtung der Bordsteinkante, der Richtung eines Rillenmusters (Rippen auf der Straßenoberfläche) oder dem Richtungspfeil an der Unterseite eines Anforderungstableaus[19] einer Lichtzeichenanlage.[20]

mini|hochkant=1.6|Gehlinien blinder Personen:[21] Die Ziele (Dreiecke) sollten durch Orientierung an Bodenmarkierungen (links), Bordsteinkante (Mitte) und am Richtungspfeil (rechts) erreicht werden.

In einem Experiment des Verbandes für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik zur Wirksamkeit der drei Orientierungshilfen wurden in einem Versuchsaufbau auf einer großflächigen Asphaltfläche drei Halbkreise um einen Ausgangspunkt gezogen. Mit unterschiedlichen Radien wurden so die Breiten einer schmalen zweispurigen Straße ohne Parkstreifen (5 Meter), einer zweispurigen Straße mit beidseitigen Parkstreifen (11 Meter) und einer vierspurigen Großstadtstraße mit beidseitigen Parkstreifen (23 Meter) simuliert. Die einzuschlagende Richtung erfassten die Testpersonen anhand der Orientierungshilfen. Beim Queren der Kreise wurde protokolliert, um wie viel Grad die Testperson vom Ziel abwich. Die Auswertung zeigt wie erwartet, dass die Abweichung bei längerer Gehstrecke größer wird. Deutlich ist zu erkennen, dass die Bordsteinkante den sichersten Richtungshinweis darstellt. Die Orientierung per Richtungspfeil bedarf aufgrund dessen Kleinheit einer hohen geistigen Anstrengung. Selbiges gilt für die Orientierung per Bodenmarkierung, bei welcher der Blindenstock stark auf den Boden gedrückt werden muss.[22]

Um im Shared Space den Wegfall der Bordsteine zu kompensieren, fordert der Gemeinsame Fachausschuss für Umwelt und Verkehr (GFUV), in dem zahlreiche Blindenverbände organisiert sind, die Installation gut wahrnehmbarer Bodenindikatoren.[23] Demnach sollen eindeutige Strukturen in Form von Blindenleitsystemen Straßenverläufe markieren. Durch Unterbrechung dieser kontinuierlichen Orientierung – etwa durch Quermarkierungen – kann sowohl Autofahrern als auch Blinden eine Übergangssituation suggeriert werden.[24] Insgesamt sollen ausreichende Standards eingeführt werden.[25] Die Forderungen der Interessengruppen, insbesondere der Blinden, werden bereits teilweise umgesetzt.[26][24]

Anforderungen an die Politik

Weil die Umsetzung von Verkehrspolitik immer mehr Fachkompetenz bedurfte, beriefen sich Politiker im Zuge der technologischen Entwicklung immer öfter auf Fachexperten. Diese handeln jedoch weniger nach politischen Zielen. Ausgehend von dieser Bevormundung von Politikern geht Shared Space von einer Neuordnung der Politik aus.[27] Als übergeordnete Ziele sind von Politikern die Nutzung und Gestaltung des Lebensraums im Sinne nachhaltiger Lebensqualität anzustreben. In diesem Zusammenhang wird der Begriff „Empowerment“ (deutsch: Selbstbemächtigung) als Synonym der Rückbesinnung von Bürgern wie Politikern auf eigentliche Aufgaben und Verantwortlichkeiten verwendet. Als Handbuch für diese Neustrukturierung gibt Shared Space das sogenannte Neun-Zellen-Modell vor. In ihm werden Aufgaben und Arbeitsweisen vereinbart.

Modell der neun Zellen[28]
Politik Entwurf Ausführung
Perspektive Entscheidung:
Menschenraum oder
Verkehrsraum
Dauerhaft entwerfen:
Mitmenschlichkeit vs.
Verkehrsverhalten
Technik ist kein Ziel an sich
Vorgehen Integralität
Empowerment und Partizipation
Die Politik steuert Prozess statt Produkt
Kreativität
Zusammenarbeit aller Disziplinen
Kommunikation
Zusammenarbeit
Kreativität
Instrumente Denken in Prozessen Partizipatives Entwerfen
Gegenseitige Ergänzung
Kommunikationsmethoden
Materialwahl und Platzierung
Einsatz neuer Materialien
Der Prozess zur Umsetzung des Shared Space verläuft in der farbig markierten Diagonale von links oben (1) nach rechts unten (3):
  1. Politik: Die politisch Verantwortlichen formulieren die Zielsetzung des Vorhabens, das anschließend von allen Beteiligten wie Bewohnern, Verkehrsteilnehmern, Behörden und Fachleuten unter Einbringung ihrer Kreativität, ihren Wünschen und ihrer Fachkompetenz diskutiert wird.
  2. Entwurf: Im Entwurf werden die Ergebnisse der Diskussionen aus Schritt 1 von Fachleuten in Entwürfen konkretisiert. Dabei besitzt Bereitschaft zur Kooperation, Kreativität sowie Kommunikation untereinander als auch mit den Beteiligten oberste Priorität.
  3. Ausführung: Bei der Ausführung geht es nicht ausschließlich um die schlichte verkehrsbauliche Umsetzung des Planes, sondern um ein Abwägen, welche Plandetails (Stadtmöbel, Materialien) die beste Wirkung erzielen. So kann etwa sowohl die Wahl des Straßenbelages als auch die Höhe und Position von Straßenlaternen die Wirkung von Shared Space wesentlich beeinflussen.

Bei diesem durch die Diagonale dargestellten Prozess weist die Politik die Richtung. Zwischen den einzelnen Abschnitten muss rege Kommunikation herrschen – zwischenzeitliche Rücksprachen tragen wesentlich zu einem guten Endresultat bei. Shared Space unterscheidet während des Entstehungsprozesses Qualität räumlicher und demokratischer Art. Während im räumlichen Sinne eine flächendeckende Fachkompetenz zu einem insgesamt höheren Niveau beiträgt (Felder über der Diagonale), meint die demokratische Qualität eine Mitverantwortung der Betroffenen (Felder unter der Diagonale). Beide Aspekte haben entscheidenden Einfluss auf das Endergebnis und verstärken beziehungsweise ergänzen einander. Bei der Umsetzung eines Shared Space können erfahrungsgemäß Probleme bei der Einordnung in die vorhandene Gesetzgebung, der Sicherstellung der Finanzierung sowie der Klärung von Verantwortlichkeiten auftreten.

Projekt-Evaluationen und Anwendbarkeit

Weil Shared Space mit gewohnten Regeln im Straßenverkehr bricht, lehnen viele Menschen es intuitiv ab. Seit in den Niederlanden erste Projekte zu weniger Unfällen und besserer Lebensqualität beitrugen, wächst jedoch das Interesse. Zwar wird argumentiert, dass die betroffenen Straßen ohnehin keine Unfallschwerpunkte gewesen seien.[29] Jedoch soll es in den 107 niederländischen Orten, in denen Shared Space bisher umgesetzt wurde, seitdem keinen schweren Unfall mehr gegeben haben.[30][31] In Bohmte, dem EU-Modellprojekt in Deutschland, ereigneten sich insgesamt mehr Unfälle als vor dem Umbau. Jedoch blieb es meist bei leichten Sachschäden.[32][33] Die bisherigen Ergebnisse erlauben noch keine allgemeingültige Aussage zur Verkehrssicherheit im Shared Space. In keinem Projekt wurde jedoch eine spürbare Verschlechterung festgestellt. Unbestritten ist hingegen, dass die Straßen durch weniger Lärm (durch langsames Fahren) und geringere Schadstoffemissionen (durch flüssiges Fahren) an Lebensqualität gewinnen.

Verkehrsplaner diskutieren darüber hinaus den Einsatz in der Stadt. Ein Beispiel ist die umgestaltete Kensington High Street in London. Obwohl Bordsteine, Ampeln und Straßenmarkierungen belassen wurden, sind wesentliche Merkmale des Shared Space erkennbar. So gibt es keine Verkehrszeichen, keine Absperrungen, mehr Platz für den Fußverkehr und provozierte Unsicherheit durch Fahrradstellplätze auf dem Mittelstreifen.[34] Zwei Jahre nach Fertigstellung waren die Unfallzahlen um 44 Prozent geringer.[35][36] Die Kensington High Street in London zeigt jedoch auch, dass mit größerem Verkehrsaufkommen gewisse Regeln unabdingbar sind.

Literatur

Dokumente

Note

  1. ^ Damian Arnold, UK traffic engineers lack skills for shared-space, su nce.co.uk.
  2. ^ Ben Hamilton-Baillie, What is Shared Space? (PDF), su hamilton-baillie.co.uk.
  3. ^ Template:Internetquelle
  4. ^ Template:Internetquelle
  5. ^ Template:Internetquelle
  6. ^ vgl. Hamilton-Baillie: Shared Space: Reconciling People, Places and Traffic, S. 163
  7. ^ Shared Space: Raum für alle, S. 20
  8. ^ vgl. Template:Internetquelle
  9. ^ vgl. Template:Internetquelle
  10. ^ Shared Space: Raum für alle, S. 16
  11. ^ nach Shared Space: Raum für alle, S. 15
  12. ^ vgl. Adams (1995): Risk.
  13. ^ vgl. Template:Internetquelle
  14. ^ vgl. Living with Risk: the importance of risk in the public realm. CABE 2007.
  15. ^ Cultural Theory, Thompson et al. 1990
  16. ^ vgl. Adams, S. ix
  17. ^ a b Pr. David G. Myers: Psychologie, Springer, 2008, S. 440
  18. ^ Schmidt-Block, Böhringer, 2007, S. 2
  19. ^ Ein Anforderungstableau ist ein Blindenleitsystem in Form meist orange-gelblicher Kästchen an Lichtzeichenanlagen
  20. ^ Böhringer, 2007, S. 28
  21. ^ Böhringer, 2007, S. 29
  22. ^ Schmidt-Block, Böhringer, 2007, S. 4
  23. ^ Schmidt-Block, Böhringer, 2007, S. 6
  24. ^ a b vgl. Template:Internetquelle
  25. ^ Schmidt-Block, Böhringer, 2007, S. 7 f.
  26. ^ vgl. Template:Internetquelle
  27. ^ Shared Space: Raum für alle, S. 29
  28. ^ Shared Space: Raum für alle, S. 32
  29. ^ Template:Internetquelle
  30. ^ Stand 20. Oktober 2008
  31. ^ Template:Internetquelle
  32. ^ Verkehrsuntersuchung und Evaluation des Shared Space (11. September 2009; PDF; 1,5 MB)
  33. ^ Template:Internetquelle
  34. ^ Template:Internetquelle
  35. ^ vgl. Template:Internetquelle
  36. ^ gegenüber durchschnittlich 17 Prozent im übrigen London.

Bibliografia

  • Institute of Transportation Engineers (ITE), Traffic Calming: State of the Practice, Washington, D.C., 1999
  • Centre d’étude des transports urbains, Guide Zone 30 - Méthodologie et recommandations, Bagneux, 1992
  • Department for Transport, Developing a Strategy for Walking, 1996
  • Ministero delle infrastrutture e dei trasporti, Norma per gli interventi di adeguamento delle strade esistenti, 21 marzo 2006
  • Ministero delle infrastrutture e dei trasporti, Norme funzionali e geometriche per la costruzione delle strade, 5 novembre 2001
  • Traffic Calming, accesso luglio 2008

Voci correlate

Collegamenti esterni